Noch eine gute Woche, dann geht sie endlich wieder los, die neue Saison für ALBA Berlin. Viele Fans können es – nach der letzten so grandiosen Saison – kaum erwarten, ihr Team wieder spielen zu sehen. Zumal ein Großteil der Mannschaft zusammengehalten werden konnte. Ein Vorgehen, das man als ALBA Fan gar nicht mehr gewohnt war. Behalten hat ALBA Berlin auch Tom Böttcher, seines Zeichens radioeins-Moderator und einer der besten Hallensprecher in den deutschen Basketballarenen. Schon seit einigen Jahren treffen wir uns kurz vor Saisonstart, um über die abgelaufene und die neue Saison zu philosophieren. So auch dieses Jahr…
Tom kommt gut gelaunt in seinem ALBA Hoodie angeradelt. Nach einer kurzen Zeit sind wir mittendrin. „Hey Tom, das war ja nun die kürzeste Offseason, die möglich gewesen ist. Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss auch den längst möglichen Playoff-Bart. Wie war es?“ Verschmitzt schaut er mich an. „Ach weißt Du, ich trage ja auch sonst einen Bart, aber der ist dann nicht so lang und kratzig. Das nervt am Ende doch ein wenig, vor allem meine Frau. Sie hatte mir schon ihrerseits Gegenmaßnahmen angedroht. Schade finde ich, dass gar nicht mehr so viele Spieler mit einem Playoff-Bart unterwegs sind. Anscheinend hat sich die Tradition ein wenig verloren.“
„Apropos verlieren, was dachtest Du nach fünf Minuten im letzten Playoff-Finale in München?“ „Das war echt schade. Eigentlich wusste man zu dem Zeitpunkt schon, dass wir es nicht schaffen werden. München war einfach sehr gut, und uns fehlte es an Energie. Dabei lag das Momentum eigentlich auf unserer Seite. Aber gut, wenn der Gegner eine solche Leistung abliefert, muss man das am Ende anerkennen. Alles in allem war es eine phantastische Saison. Die beste seit vielen Jahren. Und das nicht nur, weil wir im Finale waren, sondern weil unser Team begeisternden Basketball gespielt und so viel Spaß gemacht hat.“ Dennis Clifford hat es Tom immer noch angetan. „Was für ein Typ. Ich sage nur ´To whom it may concern´. Diese Video sagt alles über ihn und das gesamte Team aus.“
Tom ist auch nicht der Meinung, dass die neue Saison aufgrund des gesteigerten Erwartungsdrucks eine Enttäuschung wird, wenn wir nicht Meister werden. „Nein, das ist nicht so. Wenn das Team so spielt wie in der letzten Saison und wir alle zusammen Spaß haben, dann kann es nur wieder eine tolle Saison werden. Natürlich ist es hilfreich, wenn man nicht im Playoff-Viertelfinale ausscheidet. Das hätte uns ja letzte Saison passieren können. Spiel 5 gegen Oldenburg; Du hast einen schlechten Tag; und das war´s. Da wäre die sportliche Analyse rückblickend sicherlich auch anders ausgefallen.“
Ich frage ihn, ob wir Meister geworden wären, wenn sich Tim Schneider nicht verletzt hätte. Es gibt ja nicht wenige, die dieser Meinung sind. Tom überlegt kurz: „So habe ich das noch gar nicht betrachtet. Ja, natürlich, Tim hat eine super Saison gespielt. Er hat uns am Ende definitiv gefehlt. Dennis und Luke waren in den letzten Spielen doch ganz schön platt, da sie aufgrund von Tims Verletzung mehr spielen mussten. Zumindest wären unsere Chancen mit Tim deutlich gestiegen. Aber diese Saison ist er ja wieder mit dabei. Bei einer Sponsoren-Veranstaltung letztens ´musste´ er mir seinen ALBA Hoodie leihen. Der war total bequem. Okay es war ja auch irgendwie 7XL.“
Eigentlich wollte ich Tom ja nach den Lottozahlen für dieses Wochenende fragen, denn im letzten Interview hat er fast alles richtig vorausgesagt. „Ach ja, hab ich? Na ja, man muss ja auch mal Glück haben.“ Das ist halt sein Understatement. Ich bin mir sicher, er wusste noch ganz genau, was er letztes Jahr vorausgesagt hatte. Denn bei der Essensbestellung schaute er mich überrascht an, und meinte: „Das hast Du doch schon letztes Jahr gegessen?!?“. Ach ja, hab ich?
Bei den Neuverpflichtungen gerät Tom wieder ein wenig ins Schwärmen. „Wenn ich mir einen Spieler aus der BBL auf den großen Positionen hätte wünschen können, dann wäre das Johannes Thiemann gewesen. Toll, dass er jetzt bei uns ist. Er kann der X-Faktor für die neue Saison werden. Mit ihm und Dennis sind wir unter den Körben super aufgestellt. Aber auch Martin Hermansson finde ich eine klasse Verpflichtung.“
Mit Bedauern hat Tom den Abgang von Marius Grigonis aufgenommen. „Er wird uns fehlen, denn er hat so gut ins Team gepasst. Aber es ist seine Story: Zurück zum Heimatverein, in die Euroleague, wahrscheinlich mit deutlich mehr Geld – das hätte jeder von uns gemacht. Und sein Nachfolger Rokas Giedraitis ist ja auch super Typ, der uns deutlich mehr Athletik in den Kader bringt.“ Auf meine Frage, ob alle litauischen Spieler, die im Ausland unterwegs sind, eine blonde Partnerin und einen kleinen weißen Hund haben, bekomme ich nur ein Lächeln als Antwort.
Für Tom hat Coach Aito das Team und den Verein auf ein anderes Level gehoben, und das nicht nur sportlich. „Es kommen jetzt Spieler zu uns, die wir ohne ihn nicht in unserem Team hätten. Das macht uns konkurrenzfähiger und unseren Basketball deutlich attraktiver als in den letzten Jahren. Aber inzwischen, und nicht zuletzt durch Aito, hat ALBA Berlin wieder ein ganz anderes Ansehen in der Liga und bei den Fans. Es sind letzte Saison so viele Menschen zu mir gekommen und haben mir gesagt, was für einen tollen Basketball wir spielen, und dass wir uns den Titel holen sollen, weil wir es verdient hätten. Das war die letzten Jahre nicht wirklich so. Es ist auch unglaublich was Coach Aito für eine Ausstrahlung an der Seitenlinie hat. Es gab z.B. in der ganzen Saison keine einzige Situation, wo er sich über die Maße mit den Schiedsrichtern angelegt hat. Das tut uns gut, und vielleicht hilft uns das auch in der einen oder anderen Situation.“
Auch die Instagram- bzw. Fotoaktivitäten von Coach Aito haben es Tom angetan. „Ich bin mir sicher, es gibt keinen Vogel mehr in Berlin, den er nicht fotografiert hat. Bei den Häuserfassaden sehe ich allerdings noch Potenzial.“ Gerne würde Tom ihm mal die schönsten Ecken von Falkensee zeigen, „denn auch hier gibt es tolle Fotomotive“. Aus diesem Grund folgender Aufruf:
Estimado Coach Aito,
Tom y yo le invitamos muy cordialmente a Falkensee para enseñarle nuestra bonita ciudad. Aqui se puede tomar muchas fotos tambien. Realmente vale la pena. Estaremos encantados!
Lange haben wir auch über das neue Format im Pokal gesprochen. „Natürlich verstehe ich, dass man als BBL mehr Vereine in den Pokal integrieren möchte. Das finde ich auch gut. Aber warum nimmt man uns Fans das Top4 weg? Dieses Wochenende hat ein jedes Mal sehr viel zur Verständigung zwischen den Fans aller beteiligten Teams beigetragen. Es war eine super Stimmung, und für viele eigentlich das Highlight in der Basketball-Saison. Warum konnte man das nicht beibehalten?“ Dabei erinnerte er sich an das Top4 in diesem Jahr in Ulm. „Der Halbfinalsieg gegen Bayreuth war Gänsehaut pur. Und auch das Finale, 35 Minuten lang hatten wir den Pokal fast schon in den Händen. Na ja, auf jeden Fall sollte ich am Ende des ersten Tages die ALBA Fans dazu bringen, die Halle zu verlassen, damit die Vorbereitungen und Umbaumaßnahmen für den Finaltag beginnen konnten. Also stapfte ich mit einem Megafon zum ALBA Fanblock. Aber die waren alle so euphorisiert, das war gar nicht so einfach.“
Wiederum ins Schwärmen gerät Tom bei Moe Wagner. „Wahnsinn, dass er von den Lakers gedraftet wurde. Jetzt spielt er in der NBA in einem Team mit LeBron James. Und wie cool ist es eigentlich, wenn eine Legende wie Magic Johnson beim Draft so ganz lässig den Namen von Moe ins Telefon spricht. Was für eine Chance für Moe. Aber ich bin mir sicher, er wird sie nutzen.“
Zum Abschluss frage ich Tom, was denn sein persönliches Highlight in 10 Jahren Mercedes Benz bzw. O2 Arena gewesen ist, egal um was für eine Veranstaltung es sich handelt. Er überlegt eine Weile und verweist dann auf das Konzert von Green Day 2017. „Die haben wirklich bei jedem Song versucht, alle in der Halle mitzunehmen. Das hat mir schon sehr gefallen.“ Was ALBA angeht fehlt ihm noch das richtige Ereignis in der MBA. „Ja, wir haben 2013 den Pokal dort geholt. Aber ich möchte gerne wieder so einen Moment wie bei der ersten Meisterschaft erleben. Als kurz vor Schluss klar war, dass wir gewinnen und Meister werden würden. Als die Ordner mit Absperrungen reinkamen, damit nicht alle aufs Feld laufen. Diese Unruhe, die sich in der Halle entwickelte und die mit der Schlusssirene in grenzenlosen Jubel überging. Das war Gänsehaut pur und hat sich bei mir eingebrannt. Das möchte ich gerne in der Mercedes Benz Arena mit ALBA Berlin und allen Fans erleben.“
I like that shit!!! Also Jungs, diesen Wunsch werdet ihr doch eurem Hallensprecher am Ende dieser Saison erfüllen wollen, oder?
Wer noch mehr lesen möchte:
Hier gehts zum Interview vor der Saison 2017/2018 – „Das ist ein geiler Typ“
Hier gehts zum Interview vor der Saison 2016/2017 – „Nicht wieder ab Mai vor dem Fernseher…“
1 Comment for “To whom it may concern”
Mit Shirt, Hose und Schuhen… – Der Alltagsblogger
says:[…] Hier geht es zum Interview vor der Saison 2018/2019 – “To whom it may concern” […]