Die Social Media Farce von ARD und ZDF zur Fussball EM 2012

Zugegeben, die Kritik an den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF zur Berichterstattung über die Fussball EM 2012 ist groß und sicherlich auch berechtigt.Dabei ist es egal, ob die Seebühne des ZDF auf Usedom kritisiert wird oder die IQ-freie Talkrunde „Waldis-EM Club“ in der ARD. Sicherlich nicht unberechtigt ist auch de Kritik an den Moderatoren und vor allem an den Kommentatoren der Live-Übertragungen. Im Rahmen der Berichterstattung erfährt man alles über die Deutsche Mannschaft (z.B. wer, wann mit wem Tischtennis gespielt hat oder wessen Frau gerade zu Besuch ist), aber weiterführende Informationen zu den beiden Gastgeberländern Polen und Ukraine  bzw. den einzelnen Spielorten gibt es – wenn überhaupt – nur selten. Wie dem auch sei, man hat als Zuschauer immer die Möglichkeit, den Ausschalter zu bestätigen, das steht jedem frei. Interessant ist jedoch, wie die ARD und das ZDF ihre Social Media Angebote in ihre Berichterstattung einbeziehen.

Social Media Angebote zur EM von ARD und ZDF
Grundsätzlich findet man auf Facebook und Co. eine Menge Posts rund um die aktuelle Berichterstattung. Auch der Link zum jeweiligen Livestream ist vorhanden. Während der Spiele kann man sich eine Vielzahl an aktuellen Statistiken, Daten und Informationen zu der Begegnung abrufen. Dies allerdings „nur“ auf der jeweiligen Webseite des Senders also völlig unabhängig von den Social Media Angeboten. Dort gibt es nichts, was es nicht schon in der jeweiligen Übertragung/Sendung gegeben hat. Keine zusätzlichen Informationen, keine Links, keine Hintergrundberichte, die vielleicht im Rahmen der Live-Übertragungen nicht thematisiert werden konnten.

Social Media Integration in die Live-Sendungen
Ein Highlight in diesem Bereich setzt das ZDF. Mit Jeannine Michaelsen hat es eine Expertin für das Thema Twitter und Facebook. Ab und an darf sie zu Katrin Müller-Hohenstein und Oliver Kahn auf die Seebühne in Usedom kommen und berichten, was die User alles so schreiben, sagen und meinen. Dabei hat man immer das Gefühl, dass von einer Gruppe „Irrer“ gesprochen wird, die sich dieser Medien für ihre Kommunikation bedienen. Auch durften alle ZDF Zuschauer dem „magischen“ Moment beiwohnen, als Oliver Kahn seinen ersten Tweet auf Twitter absetzen ließ (nein, nein, selbst geschrieben hat er ihn nicht). „Wir werden Europameister“ hieß es darin. So viel Mut muss man erst einmal, aufbringen. Und was macht die ARD in Sachen Social Media Integration? Schlichtweg nichts. Lediglich bei Waldemar Hartmann in seinem EM Club dürfen die User Ihre Fragen oder Kommentare posten; einige davon werden dann live in der Sendung vorgelesen.

Fehlende Interaktion mit den Usern
Ein großer Vorteil der neuen digitalen Medien besteht ja darin, dass man- in diesem Falle als Fernsehsender – direkten Kontakt zu seinen Zuschauern bzw. den Usern hat. Somit kann man die Meinungen und Anregung aufgreifen und darauf reagieren. Social Media Angebot sind in der Regel bidirektional. Diese Kenntnis hat sich bei ARD und ZDF leider noch nicht herumgesprochen.  Trotz intensiver Recherche habe ich unter https://www.facebook.com/DasErste oder https://www.facebook.com/ZDFsport noch nicht einen Re-Post von einem verantwortlichen Redakteur o.ä. entdeckt. Und das, obwohl es – vor allem auf der Seite des ZDF – eine Vielzahl von Kritik und Aufforderungen zur Stellungnahme seitens der Verantwortlichen gibt. Dies führt natürlich dazu, dass die Laune aber vor allem auch die Bindung der Zuschauer an den Sender weiter sinkt.

Fazit
Setzen, sechs! Social Media findet bei den öffentlich-rechtlichen Sendern im Zusammenhang mit der Fussball EM 2012 praktisch nicht statt. Das vorhandene Angebot erfüllt maximal eine Alibi-Funktion. Man kann den Eindruck gewinnen, dass Facebook, Twitter und CO von den Verantwortlichen als weiterer einseitiger massenmedialer Kommunikationskanal verstanden und genutzt wird. Der vorhandene Rückkanal und vor allem die direkte Kommunikation mit den Usern ist in der Strategie noch nicht vorgesehen. Nun stirbt die Hoffnung bekanntermaßen zuletzt. Also hoffen wir mal, dass die fähigen Verantwortlichen bei ARD und ZDF schon lange in die Vorbereitungen für die Übertragungen der Olympischen Spiele in London einbezogen sind, so dass die Fussball EM als sportliches „Anhängsel“ dieses Jahr nicht so ernst genommen wurde.

Dieser Beitrag wurde zuerst am 21.06.2012 im MediaBusinessBlog veröffentlicht.
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Jahrgang 1974, im Sog der Großstadt mit verrückten Typen; im Bann des Basketballs von ALBA Berlin; im offenen Diskurs mit den Medien und deren Protagonisten - immer mit eigener Meinung, mal glücklich und zufrieden, mal fassungslos und erschrocken...

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