Als Marc Prensky 2001 die Begriffe „Digital Natives“ und „Digital Immigrants“ geprägt hat, waren die Begriffe schlüssig und die Unterteilung durchaus nachvollziehbar. All diejenigen, die nach 1980 geboren sind, gehören zu der Gruppe der „Digital Natives“, da sie direkt in das digitale Zeitalter hineingeboren wurden. Alle anderen gehören zur Gruppe der „Digital Immigrants“. Sicher, über die Eingrenzung anhand des Jahres 1980 kann man diskutieren, aber im Großen und Ganzen passt das schon.
Unterschiede zwischen„Digital Natives“ und „Digital Immigrants“
Basierend auf dieser Definition gibt es seitdem eine Vielzahl von Studien und Abhandlungen, die untersuchen, inwiefern sich diese beiden Gruppen voneinander unterscheiden. Und alle Studien kommen zu dem nicht überraschenden Ergebnis, dass sich die beiden Gruppen vor allem in der Mediennutzung unterschieden. Das gilt sowohl für die Nutzungsdauer und die Nutzungsart (stationär, mobil) als auch für die genutzten Inhalte. „Digital Natives“ nutzen das Internet nach dem Motto „Ich surfe also bin ich“. Sie gestalten das Internet aktiv mit und leben ihr Leben häufig öffentlich im Rahmen ihrer Communities auf Facebook & Co. Im Vergleich zu den „Digital Immigrants“ vertrauen Sie den neuen Medien und machen sich über eventuelle Sicherheitsrisiken keine Gedanken.
Soweit, so gut. Doch gibt es wirklich diese eine Gruppe der „Digital Natives“? Kann man wirklich alle nach 1980 geborenen User als homogene Masse in Bezug auf ihre Mediennutzung ansehen? Und wenn ja, ist die Einteilung basierend auf einer Jahreszahl noch zeitgemäß?
Definitionen nicht mehr zeitgemäß
Die Antwort lautet eindeutig „Nein, diese eine Gruppe gibt es nicht“. Wenn man sich überlegt, welche rasante Entwicklung das Internet und – vor allem in den letzten Jahren – die mobile Technik erfahren haben, dann kann es nicht sein, dass jemand, der z.B. 1982 geboren wurde, mit jemandem, der z.B. 1999 geboren wurde, in dieser Hinsicht gleichgestellt wird. Während Mitte der 90er Jahre das World Wide Web und die E-Mail-Kommunikation sich zum Massenmedium zu entwickeln, sind sie heute für einen 13jährigen gelebte Alltagsrealität. Dies wird häufig von der Schule vorausgesetzt, wenn nicht sogar in der Schule gelehrt. Es gehört heute fast schon zu Standard, dass Kinder und Jugendliche in der Schule ein Handy dabei haben und ggf. über die sozialen Netzwerke kommunizieren. Es ist hier also deutlich zwischen diesen beiden Personen zu unterscheiden, vielleicht in „Digital Native A“ und „Digital Native B“.
Doch sprechen wir von einem fortlaufenden Prozess. Die 4-6 jährigen, für die es heute schon selbstverständlich ist, auf einem Touchpad zu navigieren und „verzweifelt“ mit ihrer Hand über den Fernseher wischen und sich fragen, warum nichts passiert, sind schon die Gruppe der „Digital Natives C“. Das wiederum bedeutet, dass es immer wieder neue Gruppierungen innerhalb der „Digital Natives“ geben wird. Vielleicht wäre es sinnvoll, die Eingruppierung der User an die Entwicklung der Technologien zu koppeln:
Web 1.0 => „Digital Natives A“
Web 2.0 => „Digital Natives B“
Web 3.0 => „Digital Natives C“
…
Auf jeden Fall ist damit klar, dass eine solche Definition immer erst im Nachhinein getroffen werden kann. Ob dann noch Jahreszahlen relevant sind oder wie diese zugeordnet werden können, muss noch untersucht werden.
Fazit
„Digital Natives“ sind nicht gleich „Digital Natives“. Dazu schreitet die technische Entwicklung zu schnell voran. So sollte man sich Gedanken machen, wie die Einteilung sinnvoller und nachhaltiger gestaltet werden kann. Zumal auch die persönliche Medienkompetenz bei der Definition nicht außer acht gelassen werden sollte. Laut Definition bin ich ein „Digital Immigrant“, allerdings fühle ich mich wie ein „Digital Native B oder C“. Hier ist nicht zuletzt auch die Wissenschaft gefordert.
Dieser Beitrag wurde zuerst am 15.08.2012 im MediaBusinessBlog veröffentlicht.
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